Kurzkritik – „The Holdovers“: Weihnachten im Internat

Bild: Universal Pictures Germany, THE HOLDOVERS

In einem wunderschönen Porträt-Look entführt uns Alexander Payne in ein amerikanisches Internat Anfang der 70er und erzählt uns viele Lebensweisheiten, die wir alle schon oft gehört haben, aber trotzdem immer wieder hören müssen, da sich selbst nach 50 Jahren nicht viel, sei es in der Schule oder in der Gesellschaft, verändert hat. Die Reichen, denen alles hinterhergeworfen wird, beschweren sich, sobald sie nach ihren Leistungen bewertet werden, und die Armen, die tatsächlich durch gute Leistungen gute Noten erreichen, schaffen es trotzdem nicht auf ein College, weil einfach das Geld trotz finanzieller Hilfe fehlt.

Eine der ersten Szenen im Film zeigt direkt, dass der Rektor sich bei dem Lehrer Paul Hunham (Paul Giamatti) beschwert, dass er dem Schüler keine 3- gegeben hat, obwohl der Vater doch so viel Geld an die Schule gespendet hat. Hier wird auch klar, dass der Lehrer Mr. Hunham der einzige Lehrer ist, der bei solchen Situationen kein Auge zudrückt und alle fair behandelt. Besonders auffällig ist hier die Kamera. Der Rektor, der offensichtlich die Machtposition hat, wird hier sehr frontal und auf Augenhöhe aufgenommen, während Paul leicht von der Untersicht aufgenommen wird. Die für die Arbeitsverhältnisse sehr untypischen Einstellungen suggerieren direkt, dass Paul nicht von dem Rektor kontrolliert werden kann, da er seine Arbeit ordentlich und richtig ausführt. Das Einzige, womit er dem Lehrer eins auswischen kann, ist es, der Lehrer für die Holdovers zu sein.

Die Holdovers, die Kinder, die über Weihnachten aus verschiedenen Gründen mit dem „gemeinen“ Lehrer im Internat feststecken, lernen viel über Familienkonstrukte und Probleme der jeweils anderen. Natürlich lernt auch der Lehrer, der unglaublich von Paul Giamatti verkörpert wird, einiges über Empathie von den Schülern und der Köchin Mary Lamp, die mit Paul im gleichen Boot sitzt.

Es klingt bisher nach einem 0815-Weihnachtsfilm. Neben den sozialen Problemen, die alle mit sehr viel Fingerspitzengefühl in dem Film angesprochen werden, hievt vor allem die Kamera „The Holdovers“ auf ein sehr hohes Level, denn die Kamera bleibt, gerade im ersten Teil, sehr weit weg von der Gruppe und den Charakteren, um im Laufe des Films, sobald die Bindung der Charaktere stärker wird, näher an die Gesichter heranzugehen. In vielen Momenten, in denen Fehler begangen werden, die zu großen Problemen führen, sind die Einstellungen besonders geschickt. Gerade in der Kinoszene wechselt die Sicht von einer Treppe, die nach unten geht, perspektivisch nach oben, so dass der Schüler Angus perspektivisch dementsprechend nach oben geht. Obwohl er einen Fehler begeht, der mehr als menschlich ist, zeigt uns die Kamera, vor den gravierenden Folgen, dass es trotzdem die „richtige“ Entscheidung war, das Kino heimlich zu verlassen. Das ist eines von vielen Beispielen, die „The Holdovers“ so besonders durchdacht machen.

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