
Das war also die Oscarverleihung 2016.
Zunächst: Es ist eine Schande das Pro7 dieses Events jedes Jahr aufs Neue durch peinliche Moderatoren und Kommentare schlecht aussehen lässt. Schon die Einstimmung zur Oscar-Nacht, wusste der Sender mit langweiligen pseudo-Experten zu verhauen. Da wollte Pro7 uns weißmachen, dass dort echte Filmkenner am Werk sind und bietet statt interessantem Hintergrundwissen nur platte „welcher XY-Promi hat bei welchem Film geheult“-Monologe. Rückblicke auf vergangene Oscarverleihungen sind zwar interessant, warum mich aber interessieren soll, was der Typ aus der Saturn-Werbung dazu zu sagen hat, bleibt mir ein Rätsel. Und bei der hundertsten Wiederholung irgendwelcher Filmszenen oder Sätzen wie „IT nachhause-Telefonieren“ dürfte auch dem letzten Zuschauer klar geworden sein, das wird eine sehr anstrengende Nacht werden. Mit dem Live-Bericht vom Roten Teppich wurde es nicht besser. Mehr als „sieht heute mal wieder wunderschön aus“ gab es anscheinend zu keinem der Schauspieler zu sagen. Aber das es um mehr als um das Thema „wer trägt welches Kleid“ geht, konnte man bei Michael Michalsk, Juror von Germany’s next Topmodel und Promi-Tratsch-Queen Annemarie Carpendale auch kaum erwarten. Immerhin konnte man sich die Zeit mit Twitter Versüßen, wo ein Regelrechter Shitstorm über die Moderation hereinbrach. Stichwort: #Carpenfail
Derzeit in der Zentrale von @ProSieben #prosiebenoscars #oscars pic.twitter.com/YTBUc1cRW3
— Johnny (@filmmusikfreak) 29. Februar 2016
Die Fragen der Carpendale an die Stars waren nicht weniger amüsant wie peinlich.
Statt mit den Stars über deren Filme zu sprechen, ging es immer nur darum, welche Kleider sie tragen und wie sie Deutschland finden. Michael Fassbender, der zuletzt als Steve Jobs zu sehen war, wurde von ihr gefragt, ob er „Phones“ mag und was er für eins besitzt. Dazu ihre “denglischen” Sätze und ihr ständiges gejammerte, das die Profis von NBC ja so gemein zu ihr sind. So war es kaum verwunderlich, dass sie kaum Stars vor das Mikro bekam. Aber es gab ja wie gesagt noch Twitter…
Wenn Heidi Klum schon vor der Berichterstattung der #prosiebenoscars flüchtet, ist das ein deutliches Zeichen. #Oscars
— Andi Hörn (@AndiHoern) 29. Februar 2016
ich gehe nicht schlafen, bevor ich von allen celebrities in hollywood weiß, ob sie germany lieben. #ProsiebenOscars #Oscars
— Aston Matters @astonmatters29. Februar 2016
Dann endlich, die Oscarverleihung ging los.
Moderator war dieses Jahr Komedien Chris Rock. Durch ihn wurde das Event sehr politisch. In fast jedem Beitrag von ihm ging es um den Rassismus in Hollywood. Denn obwohl viele der Presenter der Preise schwarz waren, war kein einziger Nicht-Weißer für einen Oscar nominiert. Dabei fasste er das Grundproblem Hollywoods sehr gut zusammen:
“It’s just, we want opportunity. We want black actors to get the same opportunities as white actors.”
Die bissige Rede findet ihr hier:
https://www.facebook.com/ABCNetwork/videos/1144808155563319/
schwarzer Humor im wahrsten Sinne des Wortes. Der Abend war geprägt von Sarkasmus und Direktheit statt dem üblichen Kitsch und Geschwafel. Keine pompösen Showdarbietungen (Bis auf den Auftritt von Lady Gaga) aber dafür jede Menge Anspielungen auf die Filme der Topkategorien und Seitenhieben an Schauspielerkollegen. Besonders witzig daher auch Rocks Neuinterpretation von „Joy“, “The Danish Girl”, “Der Marsianer” und „ The Revernant“
https://www.facebook.com/ABCNetwork/videos/1144845448892923/
Insgesamt war die Oscarverleihung keineswegs langweilig.
Und die Highlights? Natürlich der lang ersehnte Oscar an Leonardo DiCaprio. Nach sechs Nominierungen für den besten Schauspieler hat es nun endlich geklappt. Sein Film „ The Revernant“ wirkt im Übrigen auch so, als wäre er auch einzig dafür gemacht worden, um Leo zum Oscar zu verhelfen. Denn man schaut sich über 2 Stunden lang an, wie Leo leiden muss. Vieles davon nicht gespielt sondern echte Gefühle. Er musste in eiskaltes Wasser, rohen Fisch essen und viele andere körperliche Strapazen erleiden. Also im Prinzip hat er den Oscar wohl nicht dafür bekommen, dass sein schauspielerisches Talent im Vergleich zu anderen Bewerbern so groß war, sondern dafür was er alles gemacht hat, um endlich die volle Aufmerksamkeit von der Academy zu bekommen. Wer für seine Filmrolle bestimmte Grenzen überschreitet, wird nicht selten belohnt. Auch der schrecklich abgemagerte Matthew McConaughey, wurde 2014 mit dem Oscar ausgezeichnet.
Das Internet hat schon passend auf Leo´s Sieg reagiert:

Persönlich sehr gefreut habe ich mich über die sechs Oscars für „Mad Max Fury Road“. Zurecht abgesahnt, hatte der in den eher künstlerisch-technischen Kategorien wie Ton, Makeup, Kostümdesign und Schnitt. Eine Überraschung war für mich die Auszeichnung für den besten Film an „Spotlight“. Der Film ist eher untypisch für Hollywood: Gradlinig-, und wenig dramatisch Erzählt für dessen Thema, ohne große Effekte oder andere Spielereien und technische Möglichkeiten, die das moderne Kino sonst gerne zur Schau stellt. In „Spotlight“ geht es um die Aufdeckung von Missbrauchsfällen in den Reihen der katholischen Kirche, publik gemacht durch Journalisten des Boston Globes. Ein Film, der dem Ruf der katholischen Kirche nicht gut tut aber dafür endlich wieder ein positives Bild der Presse zeigt. Der Film konzentriert sich weniger auf die Sicht der Opfer des sexuellen Missbrauchs, sondern auf die hier sehr anstrengende und emotional schwierige Arbeit der Journalisten, die immer wieder von Anwälten und von er katholischen Kirche bei ihrer Arbeit behindert wurden. In Zeiten, wo gerne mal von der „Lügenpesse“ die Rede ist, ein interessanter Film, der den freien und aufklärerischen Journalismus feiert und aufzeigt, wie die Presse doch auch wichtiger Wächter der Demokratie ist und selbst für Gerechtigkeit sorgen kann. Der Film hat weder Rückblenden noch zeitliche Sprünge. Als Zuschauer ist es, als wäre man in jedem Moment selbst Teil des Teams, das erst nach und ach das Ausmaß der Verbrechen entdeckt. Der emotionale- und ganz reale Kampf, den die Journalisten dabei gegen die Vertuscher führen, wird dadurch umso anschaulicher. Die Traumfabrik Hollywood hat sich hier soweit zurückgezogen, dass man gar die Kamera vergisst. Der Zuschauer ist so nah am Geschehen, wie sonst nur in einem Dokumentarfilm. Nichts wirkt dazu gedichtet oder übertrieben. Obwohl es keinen wirklichen Spannungsbogen gibt, zieht der Film einen in seinen Bann, allein durch die Darbietung der Schauspieler. Ihr Spiel sorgt für die starke Anteilnahme der Zuschauer an den Geschehnissen. Schade, dass keiner der Darsteller einen Oscar bekommen hat. Sowohl Rachel Mc Adams, als auch Mark Ruffalo waren als beste Nebendarsteller nominiert. Auch wunderlich das Michael Keaton gar nicht erst nominiert war. Es lohnt sich den Gewinnerfilm anzuschauen. Er läuft seit dem 25. Februar im Kino.
Glückwunsche gehen dieses Jahr auch besonders an Ennio Morricone, der einen Oscar für die beste Filmmusik in “The Hateful 8” erhalten hat. Kaum zu glauben, dass der Godfathers der Filmmusik erst mit 87 Jahren seinen erster Oscar bekommen hat.
„The Look of Silence“, ging leider leer aus. Bester Dokumentarfilm wurde stattdessen “Amy”, ein Film über das Leben der Amy Winehouse. Kein Oscar ging an Deutschland. Auch „Mustang“ wurde nicht mit einem Preis gewürdigt. Bester fremdsprachiger Film wurde stattdessen „Saul fia“ aus Ungarn.
Hier die Gewinner des Abends:
Bester Film: Spotlight
Beste Regie: Alejandro González Iñárritu für The Revenant – Der Rückkehrer
Bester Hauptdarsteller: Leonardo DiCaprio in The Revenant – Der Rückkehrer
Beste Hauptdarstellerin: Brie Larson in Raum
Bester Nebendarsteller: Mark Rylance in Bridge of Spies – Der Unterhändler
Beste Nebendarstellerin: Alicia Vikander in The Danish Girl
Bestes adaptiertes Drehbuch: Adam McKay und Charles Randolph für The Big Short
Bestes Originaldrehbuch: Thomas J. McCarthy und Josh Singer für Spotlight
Beste Kamera: Emmanuel Lubezki für The Revenant – Der Rückkehrer
Bestes Produktionsdesign: Colin Gibson und Lisa Thompson für Mad Max: Fury Road
Bestes Kostümdesign: Jenny Beavan für Mad Max: Fury Road
Beste Filmmusik: Ennio Morricone für The Hateful 8
Bester Filmsong: Writing’s on the Wall von Sam Smith und James Napier für James Bond 007 – Spectre
Bestes Make-up und beste Frisuren: Lesley Vanderwalt, Elka Wardega und Damian Martin für Mad Max: Fury Road
Bester Schnitt: Margaret Sixel für Mad Max: Fury Road
Beste Ton-Mischung: Chris Jenkins, Gregg Rudloff und Ben Osmo für Mad Max: Fury Road
Bester Tonschnitt: Mark A. Mangini und David White für Mad Max: Fury Road
Beste visuelle Effekte: Andrew Whitehurst, Paul Norris, Mark Williams Ardington und Sara Bennett für Ex Machina
Bester Animationsfilm: Alles steht Kopf
Bester fremdsprachiger Film: Son of Saul
Bester animierter Kurzfilm: Bear Story
Bester Kurzfilm: Stutterer
Bester Dokumentarfilm: Amy
Bester Dokumentar-Kurzfilm: A Girl in the River: The Price of Forgiveness
Ehrenpreise: Spike Lee und Gena Rowlands
Jean Hersholt Humanitarian Award: Debbie Reynolds